Zu Edelmetall hat es für Erich Winkler bei den Paralympics 2012 in London zwar nicht gereicht, trotzdem kann der Geisenhausener Behindertenradsportler mit stolz geschwellter Brust auf die Spiele blicken: Mit persönlichen Bestleistungen hat er sich bei seinen dritten Paralympics endgültig in der Weltspitze etabliert und sich auch ohne Medaille allen Respekt verdient.

Stärkstes Feld aller Zeiten
Waren die Paralympics in der öffentlichen Wahrnehmung bislang oft eine Randveranstaltung, so wurden sie in London endgültig zum ebenbürtigen Fest neben den eigentlichen Olympischen Spielen. „Die Londoner haben uns auf dem gesamten Weg das Gefühl gegeben, dass die Paralympics das zweite Olympia waren. Und zwar nicht in der Reihenfolge, sondern nebeneinanderstehend“, sagte Friedhelm Julius Beucher, Präsident des Deutschen Behindertensportverbandes (DBS), deshalb auch zu den zweiwöchigen Festspielen in der Britischen Hauptstadt. Bei diesem „Sommer-Wahnsinn“ (O-Ton Beucher) dabei sein zu dürfen, das alleine war für Erich Winkler wie der Gewinn einer Medaille. Statistisch war es schon vor dem ersten Wettbewerb klar, dass die größten Spiele der Geschichte werden sollten. 4200 Athleten aus 166 Ländern, eine Rekord-Zuschauerzahl von 2,7 Millionen und Rekord-Übertragungszeiten weltweit machten aus den Paralympics 2012 ein Fest der Superlative. Darüber hinaus sprachen viele Sportler, Funktionäre und Politiker aber auch von den besten Paralympischen Spielen der Geschichte, bei denen die Rekorde nur so purzelten.

Holzmedaille“ im Zeitfahren
Als einen der Höhepunkte der Spiele hatte Erich Winkler das Einzelzeitfahren über 15,5 km am Donnerstag auf dem Plan. Auf der sehr selektiven Berg-und-Tal-Bahn des Grand Prix Kurses von Brands Hatch rechnete er sich durchaus Chancen auf einen Podestplatz aus. Herrliches Sommerwetter, eine Rekordkulisse von 25.000 begeisterten Radsportfans, dazu die eigene Familie und der Fanclub „Bergbrutalos“ – es hätte für Erich Winkler keine besseren Voraussetzungen geben können. Als Favoriten gingen der Engländer Marc Coulburne und Teamkollege Michael Teuber ins Rennen. Angestachelt von dieser Rekordkulisse zeigte Erich Winkler eine hervorragende Leistung und lag mit 26,38 min. lange Zeit auf dem dritten Rang. Doch dann kam der Chinese Zhang Li. Dieser hatte zur Überraschung aller Experten schon auf der Bahn im 1000 Meter Sprint mit Weltrekordzeit für Aufsehen gesorgt und legte bei seinem ersten Straßenrennen überhaupt noch eine Schippe nach: Er verdrängte Erich Winkler am Ende auf den vierten Rang.

Ohne Chance im Straßenrennen
Beim Straßenrennen über 64 km starteten die Klassen C1-3 wie bei Weltcups und Weltmeisterschaften wieder gemeinsam, nur mit dem Unterschied, dass es keine getrennten Wertungen gab. So war eigentlich schon vor dem Start zu erwarten, dass der Sieger aus der leichter behinderten C3 Klasse kommen würde. „Ich hoffe, länger als eine Runde auf der schweren Strecke im Feld zu bleiben“, sagte Erich Winkler vor dem Rennen, denn er fühlte sich sehr gut vorbereitet. Angefeuert von seinen vielen Fans entlang der knapp fünf Kilometer langen Strecke zeigte Erich Winkler, dass er nicht umsonst eine Nominierung für London erhalten hatte, denn er blieb nicht nur eine Runde, sondern bis zum Schluss „mit bei der Musik“. Am Ende reichte es in der Gesamtabrechnung für den hervorragenden 18. Rang, was in der Klasse C1 bei Weltcup- oder WM-Rennen die Bronzemedaille bedeutet hätte, bei den Paralympics aber nur zu einem warmen Händeruck reicht.

Von der Themse an die Copacabana?
Nach den anspruchsvollen und erlebnisreichen Wettbewerbstagen gönnte sich Erich Winkler zusammen mit seinen Nationalmannschaftskollegen noch einen Kurzurlaub in der Metropole an der Themse. Besuche von anderen Sportveranstaltungen sowie unbeschwerte Stunden im Deutschen Haus, wo der „small talk“ mit Sportlern, Funktionären und Promis zum Programm gehörten, ließen die Stunden bis zur beeindruckenden Abschlussfeier am Sonntagabend viel zu schnell vergehen. Seit Montag sind die Paralympics 2012 für Erich Winkler endgültig Vergangenheit und ob der Vilstaler Ausnahmeathlet auch Brasilien und die Paralympics 2016 für ein Reiseziel hält bleibt abzuwarten.